Mit dem Schlagwort "Systemforschung" hält ein neuer Ansatz Einzug: Ergebnisse aus Projekten und Arbeitsgruppen fließen zusammen, um Erkenntnisse in komplexe Kontexte einzuordnen, zu verstehen und zu bewerten. Zukunftsweisend ist unter anderem eine Programmgruppe zur Systemforschung und Technologischen Entwicklung. Denn vor allem die Umwelt- und Klimaforschung erfordert eine Betrachtung, die Energie, Klima, Technik und Gesellschaft in ihren Zusammenhängen und Wechselwirkungen in den Blick nimmt. Ergebnisse der Kernforschung werden zum Ausgangspunkt für neue Technologien. So spezialisiert sich die Jülicher Radiochemie auf pharmazeutische Anwendungen und entwickelt Tracer, die Stoffwechselvorgänge im Gehirn sichtbar machen. Das seit den 1960er Jahren bestehende Institut für Reaktorwerkstoffe arbeitet an keramischen hochwarmfesten Werkstoffen, die für die Industrie von großem Interesse sind.
Jülich behauptet mit neuen Großgeräten wie TEXTOR und Supercomputern seinen Status als Großforschungseinrichtung: Es werden große wissenschaftlich-technische Infrastrukturen für unterschiedliche Forschungsgebiete entwickelt und umgesetzt sowie Methoden für deren Betrieb entwickelt und zur Verfügung gestellt.
Neue Aufgaben
Aus der Anti-Atomkraft- und Umweltbewegung heraus kommen in den 1980er Jahren viele Fragen auf. Während die Kritik an der Kernenergie wächst, vor allem nach der Katastrophe in Tschernobyl 1986, wird die Bewältigung von Umweltproblemen immer wichtiger. Die Forschung stellt sich den neuen Fragen der Gesellschaft, die die Politik an sie weitergibt, und nimmt sich viele neue Themengebiete vor. Sie reichen von der Informationstechnik bis zur Materialforschung und Biotechnologie. Dabei sieht die Großforschung sich auch als wissenschaftspolitischer Partner und arbeitet stärker als zuvor selbst an der strategischen Ausrichtung der Forschung mit.
Ein Abkommen zur wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland fördert ab 1987 die Ost-West-Beziehungen der Forschungseinrichtungen. Diese Kontakte ermöglichen nach der Grenzöffnung 1989 rasch unkomplizierte Kooperationen: Unmittelbar nach der Maueröffnung wird die Jülicher Projektträgerschaft (PtJ) in der DDR aktiv, unter anderem bei der Vergabe und Koordinierung von Umweltprojekten. Sie ist damit indirekt an der Umformung der DDR-Wissenschaft beteiligt.
Bilderstrecke
Bilderstrecke: Jeweils von links nach rechts in den Reihen von oben nach unten:
Operateur am Mikroskop am Institut für Festkörperforschung, um 1990.
Küvette für Transportmessungen in Pflanzen, 1988
Prüfarbeiten an TEXTOR, ca. 1980.
Aus dem Buch "Von Forschern und anderen Menschen", 1980.
Sintern von Rohlingen Hochtemperatursupraleiter, 1988.
Demonstration der Grünen vor dem Forschungszentrum, 1988.
Herr Bousack montiert ein Bauteil an TEXTOR zur Neutralteilcheninjektion, Zentralabteilung für Technologie, 1987. Operateur arbeitet am Teilmodell von TEXTOR, ca. 1987.
Blick in den Steuerungsraum des Supercomputers Cray am Zentralinstitut für Angewandte Mathematik, 1984.
Copyright aller Bilder: Forschungszentrum Jülich
Daten
1981 | Großgerät TEXTOR, das Jülicher Fusionsexperiment, geht in Betrieb |
1982 | Molekularepitaxie-Anlage zur Erforschung von Halbleiter- und magnetischen Schichtstrukturen |
1984 | Einweihung des Supercomputers CRAY X-MP, eines der schnellsten Rechner der Welt |
1985 | Abschaltung des Forschungsreaktors MERLIN (FRJ-1) |
1987 | Gründung des Höchstleistungsrechenzentrums (HLRZ) |
1988 | Einweihung des Biotechnikums zur Gewinnung von Enzymen aus Mikroorganismen |
1988 | Abschaltung des AVR-Reaktors |
1988 | Peter Grünberg entdeckt den GMR-Effekt, für den er 2007 den Nobelpreis erhält |
1989 | Europa-Rekord: Ein in Jülich entwickelter Hochtemperatur-Supraleiter leitet schon bei 130 Kelvin elektrischen Strom |
1990 | Umbenennung in "Forschungszentrum Jülich" |